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... das Lokal

... lange hatte er überlegt, seid er mit Jenny zusammen war, hatte er das kleine Lokal an der Ecke nicht mehr alleine betreten. Irgendwie hatte es eine ganz besondere Ausstrahlung, seid SIE es zu ihrem Lieblingslokal gemacht hatte.
   Aber heute fasste er sich ein Herz  und ausserdem hatte er Hunger. Der Tag war lang und vor lauter Arbeit hatte er noch nichts gegessen. Kurz vor der Tür zögerte er noch einen Moment, doch dann griff Harry nach der Tür und trat ein.
   Das Lokal war  gut besucht, nur der kleine Nebenraum war noch frei. Die meisten Gäste wollten in dem grossen Hauptraum sitzen, hier gab es gepolsterte Bänke und irgendwie war die Atmosphäre etwas heimeliger. Ihm war es egal, er ging in den Nebenraum und setzte sich an den Tisch, ihren Tisch. 
   Er setzte sich auf den Platz, auf dem Jenny die letztenmale gesessen hatte und da kam er auch schon der freundlich Kellner. Leider auch mit der Frage, die er eigentlich nicht hören wollte: "Bist du alleine?" und Harry antwortete : "Ja ich bin alleine".  Während der Kellner die Karte holte, dachte er über die Doppeldeutigkeit seiner Antwort nach. Er war nicht nur jetzt und heute alleine hier in diesem Lokal, nein er war einsam, denn er hatte SIE verloren.
   Der Blick in die Karte, vorbei an den von ihr so heissgeliebten Vorspeisen, von denen SIE gern allerlei zusammen bestellte und sich dann daraus ihre ganz eigene Kombination mischte, lies ihn etwas zögern. Gern hätte er sich mit ihr gemeinsam eine köstliche TaramasCreme geteilt, doch für ihn alleine war Vorspeise und Hauptgang einfach zu viel, schliesslich kannte er die Portionsgrössen hier. Er bestellte ein Bier und ein Fleischgericht, dazu eine Foliekartoffel ... SIE hatte gern Foliekartoffel gegessen...
   Als der Salat kam und das Körbchen mit dem Weissbrot musste er kurz lächeln. Jedesmal wenn sie hier waren, gab es 5 Scheiben Brot für zwei Personen und Jenny musste jedesmal darüber eine Bemerkung machen, heute dachte er ... heut gäbs nicht zu meckern, ich alleine habe 4 Scheiben bekommen.
   Still  aß er seine Mahlzeit. Es war wirklich köstlich, aber trotzdem war das Essen kein echter  Genuss. Alleine essen, ist furchtbar. Man weiss nicht, wohin man schauen soll, mit wem man reden kann. Vielleicht sollte ich mir ein Buch mitnehmen, dachte er,  dass kann man dann vor und hinter und sogar während des Essens aufschlagen, das macht einen gebildeten Eindruck und längt ab.
   Irgendwie kam er mit der Situation nicht klar, viel zu schnell verlangte er die Rechnung. Denn mit wem sollte er sich danach noch genüsslich unterhalten, vielleicht noch einen halben vom Roten trinken oder einen leckeren Cappucino. Alleine machte das alles keinen Sinn. Als er das Lokal verlassen hatte und den Weg nach Hause antrat, sagte ihm seine innere Stimme: Du solltest dich schnell an dieses Gefühl gewöhnen. Du kennst es doch noch?! Es ist die Einsamkeit mein Freund ... denn SIE ist nicht mehr da.
   Langsam und bedächtig machte sich Harry  auf den Weg. Er hatte es nicht eilig, denn egal wohin es ihn auch Trieb, auch zu Hause wartete nur ein leeres Zimmer auf ihn und er konnte sie einfach nicht mehr ertragen, diese ständige Begleiterin ... die Einsamkeit, obwohl sie doch die einzige wahr, die ihm treu blieb ...

BlueLion 05/2004

Silvio 03.05.2004, 00.35

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